Ist es Liebe?

Ist es Liebe wenn ich Dir nicht sage wie es wirklich steht?
Vielleicht?
Wahrheiten sind immer relativ.
Begegnungen manchmal fiktiv.
Gewissheiten werden ungewiss wenn man ihnen ständig aus dem Wege geht.
Die Liebe bleibt
Und der Tag der geht.

Die Symmetrie des Daseins

Wenn sich die Wolken dunkel türmen
sieht man die Himmelsbläue nicht.

Hoch über den Gewitterstürmen
geht strahlend hell das Sonnenlicht
trotz allem unverzagt zu Werke.

Nachher: Erst zart, danach mit Macht
und unvermindert hellem Glanze
durchbricht ein Strahl die schwarze Nacht!

„Komm Dämm’rung und erhell‘ das Ganze!
Weis‘ auch dem Menschen seine Stärke!“

Tempus fugit

Sag, Menschlein: Bist Du wirklich schon
so weit? Läuft Dir die Zeit davon?
Eil‘ ihr nicht nach, halt sie recht fest
im Arm und trag‘ den Lebensrest
als Kleinod immer dicht bei Dir,
denn ist der Abschied erst mal hier,
wird Alles zur Vergangenheit.
Was wartet? Bloß die Ewigkeit.

Es ist so still

Mitten in der Millionenstadt
Doch die Nacht schweigt
Stimmenfetzen schweben nach oben
vorbei – doch sie sagen Dir
Du bist nicht allein

Umtriebig – doch still vor mich her sinnierend
Rastlos – doch ganz nah bei mir
Wo sonst – ist ja sonst niemand da
Dem ich jetzt erzählen könnte
Was ich sowie nicht weiß.

Überheblicher Fatzke

Überheblicher Fatzke

Den Gipfel hab erklommen
Das ein und andre Mal
Von oben sah verschwommen – ich
Das tiefe, tiefe Tal

Allein stand ich begossen
Ich weiß nicht richtig was ich will
Vielleicht auch hier und da verdrossen
Doch die Füße stehen nicht still

Dem Anfang einer Reise
Auch wenn geklaut – wohnt Zauber inne
Am Ende ist es Scheibenhonig
Leer fühl ich mich jetzt hier und drinnen

Worthülsen

Mich schmerzt so sehr die Platitüde;
wie glanzlos leer klingt solch Geschwätz.
Dem Dummen, der den Schlauen mimt,
was einzig der Gefallsucht dient,
leih ich kein Ohr mehr, - es verletzt
die Sprache, die ich so sehr liebe.

So bau ich eine Insel
und streue Sand in meine Augen,
dass mir Abscheuliches
in Schönheit sich verwandle.

Gedanken ans Meer

Quelle der Sehnsucht
du folgst dem Mond
wie einem Geliebten.
Zärtlich tragen deine Wellen
in dein wissendes Herz,
wenn wir wieder fliehen wollen,
vor Lärm und Gestank.
Gedankenplagen
verlieren sich im Unendlichen.
Und am Abend begrüßt du
die Liebenden mit deinem Glühen
das ihre Flammen entzündet.
Im Flug der Möwen,
im Silberglanz des Wellenspiels,
im Spiegeln der Wolken am nassen Ufer
umarmen sich Anfang und Ende.

Der reichste Mann der Welt

Warum gilt mir als ewig ruhelosem Streuner
heute ein Baum, morgen die Welt als Heimatort?
Das Ziel ein Traum, bin ich als glücklicher Zigeuner
erst angelangt, eile ich schon zum nächsten fort.

Mich lockt das Neue, keine Fessel kann mich binden,
keine Sesterzen, kein Versprechen und kein Droh‘n,
in meinem Herzen wird sich keine Grenze finden.
Doch: ebendort winkt unermeßlich reicher Lohn.

Sprich, altes Hemd! Wie lange dauert meine Reise?
Fühl mich oft fremd, obwohl‘s mir überall gefällt,
bin nicht von Adel noch von exclusivem Kreise,
dennoch ist klar: „Ich bin der reichste Mann der Welt.“

Erde und Himmel

Ich jage den nie müden Wolken nach,
in weißer Leichtigkeit vor königsblauem Grund
die über mir am Himmel ziehn. Und ist’s,
als wollten sie mich necken, doch ich folge.
Lämmchen sind es heute, noch gaz kleine und so zart,
morgen werden altersgraue verschwinden lassen das Blau
und Wasser gießen auf der Erde Schoß,
un ich werde baden, denn dieses Wasser ist so weich.
Wie herrlich ist doch dieses Leben, Genuss mir spendet überall,
es prickelt auf der Haut – sollt ich mich deshalb schämen?
Wie der Kosmos mich erschuf über biologische Pässe,
so will ich sein, allen Konventionen zum Trotz.
So frage ich dich, Geist: Darf ich so sein, oder muss ich passen?
Gib mir Gewissheit! Wenn ich muss passen, will ich lieber sein ein Tier,.
Die Welt sagt, pass’ dich an – wozu sonst Gesetze, halte sie ein –
ja, ich tu’ es, aber – innerlich – nein, und ich bin weiter frei!«

An hellen Tagen

Einmal wird kommen der Tag,
da wir uns trennen werden,
um zusammenzubleiben.

Wieder stehen die Ähren goldreif im Feld,
wieder blüht der Thymian im Kräutergarten,
wieder richten Schwalben ihre Flügel
und halten einen Schwatz für angebracht,
denn in den allernächsten Tagen
geht ihr Zug nach Süden.

Ein paar Äpfel liegen im Gras –
der Baum hat sie abgeworfen –
das Moor färbt sich erste braune Strähnen
und eine vorwitzige Herbstzeitlose zeigt
ihr hellviolettes Blütenkleid.
Die Buche wird golden, der Bergahorn leuchtet
und Staubzucker liegt gleich unter den Wolken.
Kristallperlen an jedem Grashalm und nasse Füße
und erstmals wieder rascheln durchs Laub.

Ich bin bei Dir an hellen Tagen,
wenn die Sense rauscht durchs blütenbunte Gras

und der Duft vom Heu mir in die Nase steigt.
Ich bin bei Dir an hellen Tagen,
wenn die Sägen jaulen und das Holz im Fallen schreit,
wenn das Harz an den Händen klebt

und die Luft erfüllt ist von seinem würzigen Duft.
Ich bin bei Dir an hellen Tagen,
wenn der Rücken krumm bleiben möchte
und trotzdem schmerzt,
wenn Finger und Zähne blau sind.
Ich bin bei Dir an hellen Tagen,
wenn eiskaltes Quellwasser
mir langsam durch die Kehle rinnt
und die müden Füße erfrischt wieder zum Laufen bringt.

Noch einmal im Gras liegen,
letzte Sonnenwärme genießen,
am See entlang wandern
und knirschend runde Kiesel spüren unter den Sohlen,
die bunten Farben und Adern faszinieren
wie ein Kaleidoskop,
über Wurzeln stolpern und drüber steigen –
da liegst Du vor mir, Riese von einem Stamm.
Deine einstige Größe kann ich nur erahnen –
ein Torso – mehr nicht – und doch
würdevoll und erhaben.

Ich bin bei Dir an trüben Tagen,
wenn der Regen mir das Haar wäscht
und mich bis auf die Haut durchnässt,
wenn Blitze zucken und Elmsfeuer tanzen
und der Donner mir vor die Füße rollt.
Ich bin bei Dir an trüben Tagen,
wenn Sturm die Bäume peitscht
und ich mich gegen ihn stemmen muss,
damit ich nicht davon fliege.

Ich bin bei Dir an trüben Tagen,
wenn Nebel fallen und all die Schönheiten einhüllen,
die mir so vertraut und lieb.
Suchend geht mein Blick – Trauer liegt über dem Land.
Ich bin bei Dir an trüben Tagen,
wenn ein weißes Linnen unter meinen Schritten knarrt,

Flocken hernieder tänzeln
und mich sanft an der Nase kitzeln.
Ich bin bei Dir an trüben Tagen,
wenn jetzt die Brunnen schweigen
und der Erntedank verklungen ist,

wenn die Vögel ihren Gesang mitgenommen haben
und nur Krähen krächzen über aufgeworfenen Schollen.
Einsam stehen Stelen aus Granit, Sandstein,

Schmiedeeisen,

verdorrt sind Aller-Heiligen-Blumen
und erster Frost legt sich auf laubverwehte Platten.
Nackt stehen die Bäume zwischen der Letzten Ruhe
die Äste hängend – als wollten sie
ihre winterliche Leere kundtun.
Dann wird kommen der Tag,
da ich mich von allen Schönheiten des Lebens
verabschieden muss –
aber dann – Erde – kann ich sagen,
ich bin bei Dir,
ja, ich bin bei Dir an allen Tagen.