Die Symmetrie des Daseins

Wenn sich die Wolken dunkel türmen
sieht man die Himmelsbläue nicht.

Hoch über den Gewitterstürmen
geht strahlend hell das Sonnenlicht
trotz allem unverzagt zu Werke.

Nachher: Erst zart, danach mit Macht
und unvermindert hellem Glanze
durchbricht ein Strahl die schwarze Nacht!

„Komm Dämm’rung und erhell‘ das Ganze!
Weis‘ auch dem Menschen seine Stärke!“

Tempus fugit

Sag, Menschlein: Bist Du wirklich schon
so weit? Läuft Dir die Zeit davon?
Eil‘ ihr nicht nach, halt sie recht fest
im Arm und trag‘ den Lebensrest
als Kleinod immer dicht bei Dir,
denn ist der Abschied erst mal hier,
wird Alles zur Vergangenheit.
Was wartet? Bloß die Ewigkeit.

Die letzte Nacht

Ein Mägdelein mit rosa Wangen,
das abends froh zu Bette ging,
erwacht am Morgen mit Verlangen.
(nach rotem Blute) Sie umfing

ein wilder Traum von einer
mehr …diskreten… Stelle:
Ein Doppelstich? Die Haut so fahl!
Das Morgenlicht brennt viel zu helle
am Boden: „Mutter, ein Fanal!? –
Hilft mir denn keiner?!“

Eilig zieht die so Beruf’ne ‚rettend‘ die Gardinen auf:
unglückselig-pyroklastisch nimmt das Schicksal seinen Lauf.

Ewige Schönheit

Ich zage nicht – was auch geschieht,
denn jedes Haar, das mir ergraut,
wird meinem Liebchen Locke sein,
in Gold, in braun und seidenfein –
wenn es nur meine Augen schaut
und darin meine Liebe sieht.

aus dem „Haarzyklus“

Politisch inkorrekt

Ich uriniere nur im Steh’n
und schlafe tief vor Langeweile
bei Politik, will Möpse seh’n,
und liebe runde Hinterteile.

Politisch bin ich incorrect,
missachte Regeln, die ihr spinnt,
ich grunze, wenn mein Weib mich neckt
und freu‘ mich, weil sie stets gewinnt.

Mein Scheitel ist meist unfrisiert,
riech‘ manchmal animalisch-strenge,
und furze völlig ungeniert,
wird es in meinem Darm zu enge.

Schwarz oder weiß? Mir doch egal.
Mann oder Frau? Ich bin pragmatisch.
Und meinem Weibe stets loyal.
Beim Rest entscheide ich empathisch.

Du heißt mich einen kranken Hund,
und einen Schwerenöter.
Ich fühle mich als Mops gesund.
Warum schiltst Du mich dennoch Köter?

Worte schaffen Wirklichkeit oder Das böse Erwachen

Heute ist es besser so:

Es gibt keine Kriegsminister
mehr. Darum bin ich so froh!
Seid willkommen, Ihr Philister.
Konkurrenz mitsamt Konsorten
lassen wir jetzt mitbewerben,
locken mit korrekten Worten
ins euphemische Verderben.

Hier die kakophile Linke:
mit Geraunze und Gestinke.
Dort die Biophoben: brauen
lobbyistisch längst das Grauen.
Doch – wie heißt es letztlich dann?
„Auf das Handeln kommt es an.“

Der reichste Mann der Welt

Warum gilt mir als ewig ruhelosem Streuner
heute ein Baum, morgen die Welt als Heimatort?
Das Ziel ein Traum, bin ich als glücklicher Zigeuner
erst angelangt, eile ich schon zum nächsten fort.

Mich lockt das Neue, keine Fessel kann mich binden,
keine Sesterzen, kein Versprechen und kein Droh‘n,
in meinem Herzen wird sich keine Grenze finden.
Doch: ebendort winkt unermeßlich reicher Lohn.

Sprich, altes Hemd! Wie lange dauert meine Reise?
Fühl mich oft fremd, obwohl‘s mir überall gefällt,
bin nicht von Adel noch von exclusivem Kreise,
dennoch ist klar: „Ich bin der reichste Mann der Welt.“

Der Zu-Baer

Ein Sau-baer leidet Einsamkeit,
packt einen Zu-ber, welcher vor
dem Saustall steht: „Ich bin bereit,
Du bist es, welchen ich erkor!“

Der Zu-ber ist ein roher Klotz,
von hartem Herz und katatonisch,
und so verbleibt die Bindung trotz
sau-baerer Liebeskunst platonisch.

aus dem „Saubaerenzyklus“

Der Erfinder

Ein Saubaer war des Morgens baertig,
fand diesen Umstand widerwaertig,
rasierte saubaer Kinn und Wangen,
beschloss nach diesem Unterfangen
die Reste nicht bloß wegzuputzen,
sondern sie kreativ zu nutzen.
Mit Sorgfalt um ein Schilf gewunden:
der Borstenpinsel war erfunden.

aus dem „Saubaerenzyklus“

Durst

leute wie wir
tränken papier
in rotes blut
finden es gut.
innen verworren
außen verdorren
knochige rippen
durstige lippen
wollen nur mehr
saugen euch leer
bis ihr versteht:

endlich seid ihr
leute wie wir.

und ihr verweht…